Ich nehme Euch heute mit zu meinen Gedanken und Gefühlen und beginne mit der Antwort auf folgende Frage:
Warum ist es so wichtig und erfüllend, für den Fluchtpunkt Kürten tätig zu sein?
Ich bin wie jede Woche in die Männerunterkunft nach Schanze gefahren. Ich sitze heute mit Bilal im Flur der Unterkunft. Wir studieren gemeinsam einen unverständlichen Brief der Zulassungsstelle für ausländische Schul- und Hochschulabschlüsse.
An uns vorbei geht mehrmals ein Mann mittleren Alters. Vom Aussehen her kommt er aus Osteuropa. Er grüßt nicht, er blickt uns nicht an, er „verschwindet“ still mit seinen Gerätschaften in der Küche. Später sehe ich ihn dort sitzen. Er schält Kartoffeln und schneidet sie in Scheiben. Ich spreche ihn an. Eine halbe Stunde später, nachdem wir ein sehr mühsames Gespräch geführt haben, tauschen wir unsere Kontaktdaten aus. Ich habe erfahren, dass er Serhil heißt und aus der Ukraine kommt. Ich lade ihn in die ukrainische WhatsApp-Gruppe ein. Er spricht genau drei Worte in Deutsch als auch in Englisch: „Ich nicht verstehen“. Er hat keine Kontakte in der Unterkunft. Um ihn herum leben nur Leute aus dem mittleren Orient, deren Sprache er nicht spricht. Er weiß nicht, dass über ihm im Obergeschoss drei nette Ukrainer leben.
Ich gehe daher nach oben und klopfe an der Tür von den drei Ukrainern. Sascha, einer der drei Ukrainer, ist da und öffnet mir. Wir gehen gemeinsam in die Küche und ich mache die zwei miteinander bekannt. Sofort beginnt ein intensives Gespräch und Serhil blüht richtiggehend auf.
Ich verabschiede mich von den beiden und fahre mit dem guten Gefühl nach Hause, das Leben in der Fremde für einen Menschen etwas leichter gemacht zu haben.