Zahlen zu den Geflüchteten und zur Wohnungs- und Unterkunftssituation

Vorab möchte ich sagen, dass sämtliche im Artikel genannten Zahlen aus April 2024 stammen, also nicht ganz aktuell sind.
Leider haben wir keine aktuellen Zahlen von der Gemeinde erhalten und auch unsere „internen Zahlen“ sind nicht auf dem neusten Stand.
Dennoch spiegeln die genannten Zahlen die Situation sehr gut wieder und sind meines Erachtens daher aussagekräftig.

Wie viele Geflüchtete leben – Stand April 2024 – in Kürten und wo leben diese Menschen?

Die Wohnungssituation in Kürten ist sehr schwierig und dies leider nicht nur für Geflüchtete. Auch für Deutsche, die in Kürten wohnen oder wohnen möchten, ist es beschwerlich, eine geeignete Wohnung zu finden. Bezahlbare Wohnungen sind selten, und die, die auf den Markt kommen, sind oft zudem zu weit von einer Bushaltestelle entfernt und somit für Geflüchtete ohne eigenes Auto nicht gut geeignet.

Nun zu der Frage: Wie viele Geflüchtete wohnen in Kürten?

Genaue Zahlen wissen wir leider nicht. Die Gemeinde hat nur Zahlen für die Geflüchteten, für die sie zuständig ist. Das waren im April 384 Personen. Diese sind von der Gemeinde untergebracht. Die Gemeinde hatte insgesamt 390 Plätze zur Verfügung. Somit sind bereits 97 Prozent der Plätze besetzt. Nun ist die Situation jedoch so, dass laufend Neuzuweisungen hinzu kommen. Eigentlich sollte dies nicht der Fall sein, da die Gemeinde wegen der knappen Wohnsituation um einen Zuweisungsstopp bis 30.04.2024 gebeten hatte. Dennoch wurden der Gemeinde Kürten weiter Geflüchtete zugewiesen.

Zahlen, Stand 04/2024, von der Gemeinde Kürten

Daten laut Bezirksregierung ArnsbergPersonen
Quote für die Gemeinde Kürten362
Stand 12.4.2024299
Defizit63
Erfüllungsquote82.7%
Daten laut Gemeinde KürtenPersonen
Aktuell untergebracht (Flüchtlinge und Deutsche)384
Plätze zur Verfügung390
Besetzte Plätze97%

Quelle: Verteilstatistik FlüAG,
https://www.bra.nrw.de/integration-migration/fluechtlinge-nrw/informationen-fuer-kommunen/zuweisung-nach-dem-fluechtlingsaufnahmegesetz;
Gemeinde Kürten, Ordnungsamt

Eine oft gestellte Frage: Wieviele Menschen werden noch kommen?

Wir müssen damit rechnen, dass der Zustrom an Geflüchteten nicht abreißt und somit auch weiterhin Geflüchtete der Gemeinde zugewiesen werden, denn die Menschen werden bundesweit über einen Quotenschlüssel verteilt. Allerdings kann sich die Quote ändern, je nach der Anzahl der Menschen, die nach Deutschland kommen. Darauf hat die Bezirksregierung keinen Einfluss.

Da die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist, Geflüchtete aufzunehmen, muss die Gemeindeverwaltung neue Wohnräume finden. Man möchte versuchen, keine Sporthallen in Anspruch zu nehmen, daher ist die Anmietung von Einzelwohnungen oder Häusern eine Option. Manchmal werden auch Objekte von der Gemeinde gekauft. Die Gemeindeverwaltung plant zudem zusätzlich temporäre Wohneinheiten sowie permanente Gebäude in verschiedenen Ortsteilen. Ziel ist eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten. Dies soll die Integration fördern und zudem wird vermieden, dass ein einzelner Ortsteil der Gemeinde überlastet wird.

Im Vergleich zu anderen Gemeinden im Rheinisch-Bergischen Kreis hat Kürten ein höheres Defizit im Verhältnis zur Quote, und damit eine niedrigere Erfüllungsquote (82,7 % Kürten / 92,9 % im Vergleich zum Kreisdurchschnitt).

Flüchtlingsquoten im Rheinisch Bergischen Kreis, Stand 12.4.2024

Rheinisch-Bergischer KreisAktuell untergebrachtQuoteDefizitErfüllungsquote %
Bergisch Gladbach1653176411193,7
Wermelskirchen5515873693,8
Overath4474722594,7
Rösrath4474682195,6
Leichlingen4254542993,7
Kürten2993626382,7
Burscheid2873092293,0
Odenthal2412652490,9
Gesamt4350468133192,9

Quelle: Verteilstatistik FlüAG,
https://www.bra.nrw.de/integration-migration/fluechtlinge-nrw/informationen-fuer-kommunen/zuweisung-nach-dem-fluechtlingsaufnahmegesetz

Daten zu den Geflüchteten laut Aufzeichnung vom Fluchtpunkt Kürten

Der Fluchtpunkt Kürten hat seit 2015 Informationen über die Zahl der Geflüchteten in der Gemeinde. Hierbei handelt es sich aber nicht um offizielle Daten, da sie auf unsystematischen Notizen basieren, die zudem von Einzelpersonen gesammelt werden. Erschwerend kommt bei dieser Zählmethode hinzu, dass Bewohner wegziehen, umziehen oder es kommen neue Bewohner hinzu, die nicht offiziell der Gemeinde zugeteilt wurden. Daher weichen diese Daten von den offiziellen Ziffern ab. Aber sie geben meiner Meinung nach trotzdem einen nützlichen Einblick in die aktuelle Situation.

Wir schätzen, dass Stand April 2024 545 volljährige Geflüchtete in der Gemeinde Kürten wohnen. Wir haben keine verlässlichen Informationen über die Anzahl von Kindern. Die Anzahl der Kinder käme somit noch hinzu.

Verteilung der Personen in Flüchtlingsunterkünften und Privatwohnungen
Verteilung der Personen in Flüchtlingsunterkünften und Privatwohnungen

Wo kommen die Menschen her?

Etwa 30 % der geflüchteten Menschen in Kürten kommen aus der Ukraine. Zwischen 8 und 15 % kommen jeweils aus Syrien, Irak und Afghanistan, gefolgt von verschiedenen anderen Ländern im Nahen Osten, in Mittelasien, Westafrika und Ostafrika.

Bemerkenswert ist, dass wir wenige oder gar keine Flüchtlinge aus den Kriegsgebieten Jemen, Sudan und dem Sahel haben. Das ist vermutlich, weil die Leute dort einfach zu arm sind, um die lange, gefährliche Reise über die Wüste und das Mittelmeer bezahlen zu können.

Herkunftsländer der Flüchtlinge in Kürten

LandAnzahl Erwachsene
Ukraine164
Syrien77
Irak56
Afghanistan44
Türkei21
Pakistan15
Nigeria13
Iran12
Eritrea11
Andere (22 Länder)56
Unbekannt76
Gesamt545

Quelle: Fluchtpunkt Kürten, Stand April 2024

Unterkünfte der Gemeinde Kürten

Mit Stand April 2024 waren 26 Unterkünfte im Besitz von der Gemeinde oder werden von der Gemeinde angemietet.
Es gibt drei größere Unterkünfte:

  • in Spitze (etwa 50 Personen),
  • in Herweg (35 Personen) und
  • in Waldmühle (Containerdorf im Steinbruch, 40 Personen).

Die meisten Bewohner in diesen Unterkünften sind einzelne Männer. Das Containerdorf in Waldmühle war zuvor in Biesfeld, Nähe dem Penny-Markt.

Die Gemeinde hat zudem zwei ehemalige Hotels angemietet:

  • in Oberossenbach (Haus Teske) und
  • in Olpe (Hotel Knipp).

Dort wohnen meistens Familien.
Die Obdachlosenunterkunft in Kürten-Mitte (Am Halfenberg) wird auch teils als Flüchtlingsunterkunft benutzt.
In der Alten Schule in Eichhof wohnen Großfamilien.
Außerdem hat die Gemeinde eine Anzahl von Privatwohnungen angemietet oder gekauft. In diesen Wohnungen befinden sich hauptsächlich Familien.

Manche Flüchtlinge müssen laut ihres Asylstatus ihren Wohnsitz in der Gemeinde Kürten nehmen. Diese Bestimmung wird von der Bundesregierung festgelegt, um eine faire Verteilung von Flüchtlingen in ganz Deutschland zu gewährleisten. Das ist sinnvoll, um das Entstehen von Ghettos in den Großstädten zu vermeiden. Geflüchtete, die einen bestimmten Asylstatus haben, sind verpflichtet, in einer Gemeindeunterkunft zu wohnen. Sie dürfen daher keine eigene Wohnung suchen.

Menschenwürdige Unterbringung

In den Sammelunterkünften kann die Wohnsituation leider auch sehr unschön sein. Viele Personen schlafen in Etagenbetten in einem Zimmer. Es gibt kaum Privatsphäre und es ist zudem manchmal laut. Die Möglichkeiten des Rückzugs oder gar zu lernen für einen Deutschkurs oder eine Ausbildung sind daher verständlicherweise schwierig und begrenzt.

Hinzu kommt, dass sich die Zimmernachbarn auch nicht immer gut miteinander verstehen. Sie sprechen eventuelle verschiedene Sprachen, haben unterschiedliche Kulturen und Erwartungen. Manche rauchen und das, obwohl das Rauchen in den Unterkünften verboten ist. Manche sind streng religiös, während andere andersgläubig sind oder sogar vor übermäßigen religiösen Vorschriften geflohen sind. Manche haben Schichtdienst und müssen tagsüber schlafen; andere suchen noch Arbeit und haben keinen Ausweichplatz außer dem gemeinsamen Schlafraum. Somit gibt es leider viele Unwägbarkeiten, die zu Konflikten führen können.

Die Sauberkeit in der Küche und in den Gemeinschaftsräumen ist zudem oft ein Problem. Es wird erwartet, dass die Bewohner selbst für die Reinigung zuständig sind. Doch dies funktioniert leider nicht immer, daher kommt es auch zu Konflikten.

Unter diesen Bedingungen ist es jedoch sehr bemerkenswert, dass es relativ wenige Probleme in den Unterkünften gibt.
Dafür gibt es meiner Meinung nach zwei Gründe:
Zunächst versuchen wir Ehrenamtlichen vom Fluchtpunkt Kürten, dass in der Unterkunft eine Begleitung von den Bewohnern durch Ehrenamtler und Gemeindepersonal stattfindet. Sie helfen bei Fragen oder Konflikten.
Zudem ist auch die Vernunft der Bewohner selbst ein Garant, dass es in den Unterkünften relativ wenige Probleme gibt. Die meisten von ihnen wollen ihr Leben in Deutschland neu gestalten und suchen keinen Ärger. Viele sind der Gewalt in ihren Heimatländern entflohen und wollen sie hier in Deutschland möglichst vermeiden.

Aus der Sicht der Gemeinde wäre eine kleinere Anzahl von größeren Unterkünften leichter zu verwalten und instand zu halten. Die Gemeinde hat eine sehr begrenzte Anzahl von Personal in Ordnungsamt, Sozialamt und Hausmeisterdienst. Diese Mitarbeiter verbringen viel Zeit, die einzelnen Unterkünfte abzufahren; die Verwaltung von einer kleineren Unterkunft kostet fast so viel Zeit wie die einer Großunterkunft.

Trotzdem sind kleinere Wohneinheiten viel menschlicher. Das Konfliktpotential ist geringer, die Privatsphäre ist leichter herzustellen, die Probleme mit Sauberkeit und Müllentsorgung sind leichter zu meistern und die Integration ist viel wahrscheinlicher. Deswegen fordert der Fluchtpunkt Kürten eine Maximalgröße von 40 Personen in einer Unterkunft, mit möglichst viel Privatsphäre und genügend Räumlichkeiten für Studium, Sozialleben, Treffen usw..

Private Wohnungen

In den beiden großen Flüchtlingswellen von 2015 (Syrienkrieg) und 2022 (Ukrainekrieg) haben viele Kürtener großzügig ihre Privatwohnungen, Extrazimmer und Ferienwohnungen zur Verfügung gestellt. Diese Hilfsbereitschaft hat mit der Zeit nachgelassen. Verständlicherweise, denn es ist schwierig, seine Privatsphäre mit einem Fremden zu teilen.

Laut unseren Informationen wohnen etwa 299 Erwachsene (und ihre Kinder) in 80 Privatwohnungen auf dem Gemeindegebiet von Kürten (wie bei den Gemeindeunterkünften sind diese Daten unvollständig).

Wo wohnen die Flüchtlinge?

Die meisten Flüchtlinge haben keine eigenen Transportmittel. Busverbindungen sind für sie unverzichtbar, damit sie zu ihren Sprachkursen (in Bergisch Gladbach), Arbeitsstellen  oder zum Einkaufen kommen können. Die meisten Unterkünfte und privaten Wohnungen reihen sich daher entlang der Hauptverkehrsadern B506 (Kölner Straße) und L286 (Wipperfürther Straße). Die Möglichkeiten, zusätzliche Unterkünfte zu bauen, sind aus demselben Grund begrenzt, sie müssen „zentral“ liegen, das heißt in Ortsnähe oder in der Nähe einer Bushaltestelle.

Die wenigen Personen, die weiter weg wohnen, haben meistens ein Auto. Einige Ukrainer haben ihr eigenes Auto mitgebracht und einige Personen aus anderen Ländern, die schon Arbeit gefunden haben, haben ein Auto kaufen können.

Interessant ist auch, wo die Flüchtlinge nicht wohnen. Es gibt relativ wenige Personen, die in wohlhabenden Neubaugebieten wie Weiden, Busch, Sülze, Unterblissenbach und Miebach ein Zuhause gefunden haben. Auch Ortsteile, die weit weg von den Buslinien sind, haben wenige Bewohner mit einem Flüchtlingshintergrund – wie etwa Richerzhagen, Offermannsheide, Engeldorf und Bornen.

Wer bezahlt die Wohnkosten?

Arbeitslosen Flüchtlingen steht ein Paket von Hilfsmitteln zu, das in etwa Harz IV oder dem Bürgergeld entspricht. Entgegen vielen Gerüchten bekommen Flüchtlinge nicht mehr als arbeitslose Einheimische. Flüchtlinge, die in einer Unterkunft wohnen, müssen die Unterkunfts- samt Nebenkosten von diesem Geld bezahlen. Die Kosten werden automatisch von der Gemeinde oder der Arbeitsagentur abgezogen. Von dem restlichen Geld muss die Person Lebensmittel, Kleidung, Transport und andere Kosten zahlen.

Die Arbeitsagentur hat für jede Gemeinde Richtlinien, was sie als Kosten für „angemessen“ hält. Das hängt von der Anzahl der Bewohner, der Gesamtfläche der Wohnung und dem Heizungstyp ab. „Angemessene“ Kosten wird die Arbeitsagentur bezahlen, „unangemessene Kosten“ lehnt sie ab. Für eine Person in Kürten sind die angemessenen tatsächlichen Mietkosten (Grundmiete + Nebenkosten) 460 €; für 2 Personen 580 €. Daneben wird auch die Wirtschaftlichkeit der Heizkosten berücksichtigt. Wer eine eigene Wohnung findet und noch von der Arbeitsagentur/vom JobCenter abhängig ist, muss sich an diese Richtlinien halten. Leider liegen die Kosten für die meisten Wohnungen in Kürten oberhalb der Grenzen, die von den Behörden für angemessen gehalten werden.

Wer eine unbefristete Vollzeitstelle hat, kann und soll eine eigene Wohnung finden. So eine Stelle ist keine Voraussetzung, sondern wird von den meisten Vermietern verlangt. Sie wollen sicher sein, dass sie ihre monatliche Miete bekommen. Manche akzeptieren, dass sie direkt vom JobCenter das Geld überwiesen bekommen, aber die meisten wollen die Sicherheit, die ein fester Job gewährleistet.

Wie finden Flüchtlinge eine Wohnung?

Bis jetzt hat eine Ehrenamtlerin von Fluchtpunkt Kürten sich um die Wohnungssuche gekümmert – mit erheblichem Erfolg. Sie hat leider kürzlich aus Gesundheitsgründen aufgegeben. Der Fluchtpunkt sucht daher dringend jemanden, der diese Aufgabe übernehmen möchte. Interessierte können sich gerne an Birgit Oberkötter vom Fluchtpunkt Kürten wenden.

Eine neue Initiative in Bergisch Gladbach, Habitat for Humanity, kümmert sich inzwischen um Wohnungen für Flüchtlingen im Rheinisch Bergischen Kreis, auch in Kürten. Diese Organisation konzentriert sich hauptsächlich auf Flüchtlinge aus der Ukraine.
https://habitatforhumanity.de/das-menschenrecht-zuhause/projekte/deutschland/wohnungsvermittlung/

Gerne berichte ich in einem der nächsten Newsletter wieder über den aktuellen Stand der Geflüchteten und die weiteren geplanten Maßnahmen zur Unterbringung von Seiten der Gemeinde.

Paul Mundy